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Abschied von Wendelin

Hüls, 26.04.2023

Liebe Vereinsmitglieder,

an mich wurde die Bitte herangetragen, heute das Wort an Euch zu richten. Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie ich die schockierenden Ereignisse der letzten Wochen in Worte fassen kann und verpacke diese in eine Geschichte:

Vor vielen Jahren hatten mein Mann und ich die Idee, für unseren Eigenbedarf und als sinnvolle Beschäftigung für unseren Sohn, Hühner anzuschaffen. Also nahmen wir, damals noch wohnhaft in Inrath, Kontakt zum ansässigen Hülser Hühnerclub auf.

Thomas Rungelrath stand uns lange mit Rat und Tat bei der Planung, Hühnerstallbau, Beschaffung der fünf Zwerg-Wyandotten zur Seite, stets mit der Empfehlung, doch Mitglied im Verein zu werden und die Vorteile zu nutzen. Mein Mann sagte nur: Da bin ich raus, ich habe meine Autos…

Wir haben uns wirklich viel Zeit gelassen, fast drei Jahre, mit der Entscheidung in den Verein einzutreten.

Ich war immer hin und her gerissen, nach Durchsicht der alten Internetseite dachte ich: Das ist bestimmt so ein verstaubter Altherrenclub mit Rumtata, Fotos aus dem letzten Jahrhundert, strengen Regeln und Wimpel auf dem Tisch. Da passe ich nun echt nicht rein.

Okay, eines Sonntags dann doch mal hingefahren zum Hotel Klings, man kann es sich ja mal anschauen.

Mein erster Eindruck: wie im Film, ich weiß noch, ich habe innerlich sehr gelacht:

Der Kneipengeruch, ein Wimpel auf dem Tisch, am Kopfende der Vorstand, rechts und links wild durcheinanderredende Menschen.

Mein erster Gedanke: Wo bist du denn hier gelandet, der in der Mitte ist wie ein stolzer Gockel inmitten seiner Hühnerschar…

Der passt gut auf diesen Stuhl…

Heute bin ich immer noch hier, weil ich mich wohlgefühlt habe in dem Hühnerhaufen. Mir hat es so gut gefallen, wie ernst jeder hier seine Aufgabe sieht, alte, vom Aussterben bedrohte Rassegeflügelarten zu erhalten und immer auf Toppniveau weiter zu züchten und die Ergebnisse stolz und mit riesigem Erfolg auf nationalen und internationalen Ausstellungen zu präsentieren.

Es war schön, wie freundlich und respektvoll sich die Mitglieder unterstützen, egal wie banal das eigene Anliegen bezüglich der Hühner auch ist. Bei den Versammlungen gab und gibt es immer viel zu lachen und zu lernen.

Es hat mir gefallen, wie wunderschön die Tiere auf unserer Ausstellung präsentiert werden, wie wichtig es ist, unsere Mitmenschen zu erreichen, sich mit dem Erhalt und tierwürdigem Schutz des Individuums auseinander zu setzen. Respekt vor Natur, Mensch und Tier.

Wie viel Arbeit und Herzblut wirklich dahintersteckt, um so ein Niveau zu erreichen und zu erhalten, eine in vielen Augen antiquarische Art des Vereins am Leben zu halten und mit Leben zu füllen, habe ich erst gemerkt, als ich, geschockt über die Nachricht von Wendelins Tod, fassungslos ein erstes kleines Treffen mit seinen engsten Freunden hatte.

Es wurde mir bewusst, als ich die Aktenordner durchgearbeitet habe, damit es irgendwie weitergeht, in denen 15 Jahre des Vereins akribisch von Wendelin festgehalten worden sind.

Vieles hat mich beim Sortieren berührt, traurig und doch stolz gemacht ein Teil davon zu sein. Wendelin hat diesen Verein gelebt… er hat sehr sehr viel Zeit investiert.

Wir alle haben einen guten, teils langjährigen Freund, Weggefährten und Zuchtkameraden verloren.

Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dass dieser Verein weiterbesteht, überlebt, darum stehe ich hier und habe die schwere Aufgabe übernommen, unseren 1. Vorsitzenden Wendelin Martin, der im Alter von 47 Jahren plötzlich verstorben ist, würdevoll und in Ehren zu verabschieden, mich für seine 38 Jahre im Verein, davon 15 Jahre als erster Vorsitzender, für sein Lebenswerk, seine Zeit und sein Engagement zu bedanken und zu sagen: Du hast alles richtiggemacht!

Du hast uns ein gutes Fundament zum Weitermachen hinterlassen.

Unsere gemeinsame Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass wir nicht wie ein „kopfloses Huhn“ durch die Gegend laufen, sondern mit Engagement und Freude seine begonnene Arbeit weiterzuführen.

Ich möchte Euch ermutigen, jeder mit dem, was er leisten kann, unseren kleinen Verein zu unterstützen und dieses wertvolle Kleinod respektvoll und engagiert in die Zukunft zu begleiten. Wir sind darauf angewiesen, die zahlreichen Aufgaben auf viele Schultern zu verteilen, damit dies gelingen kann.

Ich bin froh und stolz darauf ein Teil dieser Gemeinschaft zu sein und wenn ich so in Eure Gesichter blicke, bin ich mir sicher, dass wir diesen Verein, wie Wendelin es sich gewünscht hätte, erfolgreich weiterführen können.

Danke Wendelin, ein großes Dankeschön an Euch.

Lasst uns einen stillen Moment gemeinsam innehalten um ihm und seiner Frau Tanja, seinen Kindern Emely und Jana in dieser schweren Zeit zu gedenken.

In freundschaftlicher Verbundenheit

Gabi Brand

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